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Bericht über vierte Konferenz der Deutsch-Syrischen Ärzte für humanitäre Hilfe e.V.

„Ärzte und Kliniken im Bombenhagel“

14.04.2016 Am 9. April 2016 hat der Verein „Deutsch-Syrische Ärzte für Humanitäre Hilfe“ zum vierten Mal eingeladen, um über die humanitäre Lage in Syrien zu diskutieren. Im Konferenzsaal der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) in Dortmund fanden sich etwa 160 Personen ein, um Vorträge der geladenen Gäste zu hören und die anschließende Podiumsdiskussion zu verfolgen.

Der Leiter der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, Dr. Thomas Kriedel, eröffnete den Konferenztag. Auch der Dortmunder Oberbürgermeister, Ullrich Sierau, hielt ein Grußwort zu Beginn der Veranstaltung.

Es folgten vier Impulsvorträge.

Frank Schwabe sprach über die Möglichkeiten und Maßnahmen der Politik, Kriegsverbrechen zu verhindern. Seine klare Position: Politik sei nicht machtlos, sie sei nur manchmal tatenlos. Hinzu komme, dass politische Organe träge reagierten. Am Beispiel von Frank-Walter Steinmeier könne man sehen, wie bedeutungsvoll und auch wirkungsvoll Diplomatie sei, und dass dies die angemessen Form der Einflussnahme sei.

Dr. Volker Westerbarkey, Präsident von Ärzte ohne Grenzen Deutschland bezog sich in seinem Vortrag auf einen Bericht der weltweiten Hilfsorganisation Médicins Sans Frontières (MSF) für das Jahr 2015, in dem Angriffe auf Krankenhäuser und Mitarbeiter in Syrien dokumentiert wurden. Er benannte auch die Taktik des Doppelschlags; auf einen Bombenangriff würde 20 bis 60 Minuten später ein weiterer Angriff folgen. Dadurch werde das medizinische Personal, das zu Hilfe eilt, auch verletzt und getötet. Der Präsident von ÄoG Deutschland plädierte für die politische Unabhängigkeit der Hilfsorganisationen. Nur aus dieser rein humanitären Haltung könne ein Anspruch auf Unversehrtheit in einem Kriegsgebiet formuliert werden. Auch Schuldzuweisungen gehörten nicht in das Vokabular einer Hilfsorganisation.

Dr. David Nott, ein weltweit bekannter Unfallchirurg, der jährlich mehrere Wochen in Notkrankenhäuser in Kriegsgebieten in Afrika und Asien, und zuletzt häufiger in Syrien verbringt, gewährte Einblicke in seine Fortbildungskurse für Chirurgen in Kriegsgebieten. Dort begegnen den Ärzten schwierige Verletzungen und sie müssen schnell entscheiden, wie sie dem Patient helfen können. Nott zeigte auch Videomaterial von OPs, um die Methoden zu erläutern. Besonders eindrücklich war seine Dokumentation einiger Operationen in Syrien. In einem Fall konnte das Leben eines Verwundeten, der ohne den unorthodoxen Eingriff gestorben wäre, gerettet werden. In einem anderen Fall eines am Bein verwundeten Kindes entschied sich das Team gegen eine Amputation und leitete stattdessen den Wiederaufbau des verletzten und schon beinahe abgestorbenen Beins ein — mithilfe der von Nott unterrichteten Techniken.

Dr. Abdul-Aziz ist Arzt in Aleppo und er berichtete bei der Konferenz über die Lage dort. Die Gesundheitslage sei in einem miserablen Zustand, es gebe deutlich zu wenig Betten für die Stadtbevölkerung und fortwährend Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen. Der 15. Februar sei ein schwarzer Tag für die Gesundheitseinrichtungen der Stadt gewesen, insgesamt habe es 10 Angriffe auf Krankenhäuser gegeben. Eins davon wurde dreimal infolge getroffen. Der Arzt betonte nachdrücklich, wie wichtig es sei, neues medizinisches Personal zu schulen und auch Gehälter zu zahlen. Auch dies sei eine Aufgabe von Hilfsorganisationen. Ansonsten würde weiterhin qualifiziertes Personal das Land verlassen, dabei würde es dringend benötigt in Syrien.

Im Anschluss wurde in einer Podiumsdiskussion die Frage diskutiert, wie man Ärzte in Syrien besser schützen kann. Frank Schwabe, Bernd Göken (Cap Anamur), Marc Cameron (CIMRO, Toronto-Kanada), Dr. Ghanem Tayara (Präsident von UOSSM- International), Dr.Volker Westerbarkey, Dr. Mahmoud Sultan (DSÄ) und Dr. Abdul-Aziz saßen auf dem Podium.

Ghanem Tayara und Marc Cameron berichteten, dass trotz Feuerpause weiterhin Krankenhäuser in Syrien beschossen werden.

Bernd Göken wies darauf hin, dass nicht nur in den Gebieten, die von syrischen Rebellen kontrolliert werden, die humanitäre Lage schwierig sei, sondern auch in den Gebieten, die der IS erobert habe. Cap Anamur habe seine Arbeit dort eingestellt und auch MSF unterstütze keine Krankenhäuser dort mehr, fügte Volker Westerbarkey hinzu. Es sei zu gefährlich für ihre Mitglieder. UOSSM international dagegen unterhalte Kontakt zu zwei humanitären Einrichtungen im Gebiet des IS, erklärte Ghanem Tayara.

Dr. Abdul Aziz betonte, wie wichtig es sei, medizinisches Personal aus- und fortzubilden und auch die Bezahlung ihrer Gehälter zu gewährleisten. Nur so sei es möglich, das Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten.
Die Idee, humanitäre Hilfsorganisationen durch die internationale Staatengemeinschaft zu schützen, wurde von allen Diskutanten abgelehnt. Die Helfer und Ärzte müssten auf ihrer politischen Unabhängigkeit bestehen. Es gehe einzig darum, Verletzte zu versorgen, egal für welche Kriegspartei. Daher sei es essentiell, allen Kriegsteilnehmern zu vermitteln, dass Hilfsorganisationen nicht parteiisch seien. Dass dieser Lernprozess erfolgreich verlaufen kann, zeigte Volker Westerbarkey am Beispiel der Taliban. Sie hätten bei einem Angriff, das große Krankenhaus einer afghanischen Stadt verschont. Frank Schwabe nannte die Organisation „Geneva Call“, die solche Aufklärungsarbeit in Krisengebieten leiste. Politiker könnten den Anstoß zum Umdenken nur bedingt geben.

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